top of page

Unsere Woche mit einem TV Team. Warum wir unser Zuhause und Leben geöffnet haben.

  • Autorenbild: Stefan
    Stefan
  • vor 6 Tagen
  • 6 Min. Lesezeit

Vor zwei Wochen hatten wir eine ganz besondere und intensive Woche. Ein Kamerateam aus Deutschland war bei uns. Ein Reporter (Emilio) kam direkt aus Deutschland, ein weiterer (Lukas) aus New York und der Kameramann (Sergio) ebenfalls aus New York. Eine ganze Woche lang haben sie uns begleitet. Eine Woche lang haben wir unser Leben geöffnet. Eine Woche lang haben wir gezeigt, wie unser Alltag mit Oliver wirklich aussieht.


Wir haben lange darüber nachgedacht, ob wir diesen Schritt gehen sollen. Es gab von Anfang an eine klare Abmachung. Wenn etwas mit Oliver ist, wenn es einen Moment gibt, der nicht passt oder zu sensibel ist, dann wird die Kamera sofort ausgeschaltet. Zum Glück mussten wir das nie einfordern. Trotzdem war diese Vereinbarung für uns die Basis, um uns darauf einzulassen.


Wie alles begann


Mit dem Reporter Emilio Nigrelli von RTL stand ich schon seit Monaten im Austausch. Das erste Telefonat mit ihm im April werde ich nie vergessen. Es war genau in der Zeit, als niemand wusste, ob Oliver überlebt. Uns wurde damals gesagt, dass er es nicht schaffen wird. Ich sprach eine Stunde mit Emilio, ein sehr warmes und vertrauensvolles Gespräch. Kurz danach bekamen wir einen Anruf von der Intensivstation. Oliver war wach. Dieser Moment verbindet uns bis heute mit Emilio. So begann unsere Geschichte mit RTL.


Natürlich war nicht jeder Artikel perfekt oder so, wie wir es im Kopf hatten. Manchmal haben Zeichen und begrenzte Sätze einfach nicht ausgereicht, um die ganze Dimension unserer Geschichte zu erzählen. Aber wir durften immer intervenieren. Es wurde angepasst, verändert, verbessert. Und genau das war uns wichtig. Es ging nie um Sensation, sondern um echte Berichterstattung.


Warum wir dreimal Nein gesagt haben


Als klar wurde, dass wir nach Chicago müssen oder als die Unterstützung durch die Toni Kroos Stiftung öffentlich wurde, da kam schnell die Frage, ob RTL uns begleiten darf. Man wollte bei meinem Schwiegervater filmen, man wollte mit uns nach Chicago reisen, man wollte im Krankenhaus drehen. Alles gut gemeint. Aber wir konnten es nicht zulassen. Wir konnten uns nicht vorstellen, wie wir Oliver in den OP schieben und uns dann eine Kamera ins Gesicht hält, um festzuhalten, wie wir uns fühlen. Es hätte sich falsch angefühlt. Es hätte Oliver nicht gut getan. Und es hätte uns emotional zerstört.


Dann kam der Vorschlag, uns in Chicago erneut zu besuchen oder mit uns gemeinsam zurück nach Mexiko zu fliegen. Auch das haben wir abgelehnt. Unser Leben war viel zu instabil, zu neu, zu fragil. Wir wussten nicht mal, wie unser Zuhause in Mexiko aussehen würde. Es wurde ja für uns vorbereitet, wir haben es das erste Mal betreten, als wir ankamen. Wir lebten aus Kartons, ohne Deko, ohne Struktur. Das hätte sich nicht richtig angefühlt. Also sagten wir wieder Nein.


Insgesamt sagten wir also dreimal Nein zu einem Kamerateam.


Stattdessen haben wir nur online Interviews gegeben, und auch das vor allem, weil die Universität Chicago so viel Interesse hatte an Olivers Entwicklung geweckt hat. Auch die Klinik wollte zeigen, welches medizinische Wunder hier passiert.


Warum wir jetzt Ja gesagt haben


In den letzten Wochen kam oft die Frage, warum wir in Mexiko bleiben und nicht nach Deutschland zurückkehren. Viele verstehen das nicht. Und das ist nachvollziehbar. Wenn man nur Bilder sieht, kleine Texte liest und oft nur Olivers Lachen sieht, dann sieht man eben nicht die ganze Wahrheit. Wie die Pflege hier aussieht, die Betreuung, wie wir uns eingerichtet haben. Dass Oliver auch schwierige Tage hat, dass ein zweijähriges Kind enorme Stimmungsschwankungen haben kann. Dass wir uns jeden Tag neu organisieren müssen. Dass wir Fehler vermeiden müssen, weil Fehler für Oliver gefährlich sind. All das wollen wir zeigen.


Nun haben wir uns eingelebt. Wir haben die kritischen Phasen überstanden. Wir haben Abläufe optimiert. Wir haben einen Alltag gefunden, der funktioniert. Vielleicht nicht perfekt, aber er funktioniert für uns. Und dann haben wir entschieden, dass wir bereit sind. Bereit, unsere Türen zu öffnen. Bereit, auch den Teil zu zeigen, den man sonst in Social Media nicht sieht.


Wir haben aber klar kommuniziert, dass wir nur RTL hereinlassen, weil wir Vertrauen haben. Vertrauen in eine Person. Vertrauen in Emilio.


Und dann ging alles sehr schnell. Eineinhalb Wochen später standen sie schon vor unserer Tür.


Die Woche mit dem Kamerateam


Für uns war alles neu, eine grosse Kamera immer neben uns. Natürlich wurde viel gefragt. Warum macht ihr das. Weshalb macht ihr jenen Handgriff. Könnt ihr das nochmal erklären. Einige Dinge konnten wir nicht erklären, während sie passierten. Wenn Oliver abgesaugt werden muss, dann muss man sich konzentrieren. Dann geht Sicherheit vor. Dann erklärt man erst im Nachhinein.


An meinem Geburtstag gab es einen Moment, der für uns untypisch war. Es sollte eine Szene entstehen, an einem Geburtstagstisch, mit Kuchen und den Kindern. Doch Oliver war zu diesem Zeitpunkt nicht am Tisch, sondern im Wohnzimmer. Und sofort war uns klar, dass das nicht authentisch wäre. Seit dem Unfall essen wir nie mehr alle zusammen am Tisch. Wir leben als Familie unter einem Dach, aber in Schichten. Einer ist immer bei Oliver, einer bei den Zwillingen. Wir wollten nicht so tun, als wäre es anders, wir bei den Zwillingen, Oliver alleine nur mit Krankenpflegern. Wir wollten nicht spielen, wir konnten es auch nicht - das Gefühl war falsch. Wir können nur unser echtes Leben zeigen. Nicht mehr und nicht weniger. Wir haben das dann angesprochen, es wurde akzeptiert und das haben wir wertgeschätzt. 


Im Interview haben wir jede Frage beantwortet. Wir haben nichts ausgelassen. Kein Tabu, kein Blatt vor dem Mund. Wenn man so viel geteilt hat wie wir, dann muss man nicht mehr verstecken. Wir wissen nicht, wie der Bericht am Ende aussieht. Aber wir wissen, dass wir WIR waren und das gezeigt haben. So wie unser Leben eben (leider) ist.


Ein Ende, das wir nicht geplant hatten


Am letzten Tag, an Lauras Geburtstag, kamen Freunde vorbei. Sie brachten Kuchen. Die Kameras waren schon eingepackt, der Dreh abgeschlossen. Es war eigentlich vorbei. Aber natürlich haben wir gesagt, dass das Team bleiben soll und mit uns anstoßen. Nuestra casa es su casa, wir haben unser Leben geöffnet und für uns war es nur richtig das wir die letzten Stunden zusammen verbringen.  


Es gab dann sogar eine kleine Geburtstagsfeier, ungeplant. Total spontan. Total echt. Oliver war glücklich. Wir haben Konfetti gezündet, dass war eigentlich erst für Sonntag mit der Familie geplant, aber es hat gepasst in den Moment. Der Kameramann hat am Ende doch noch einmal die Kamera hervorgeholt, einfach weil der Moment so besonders war. Und das war unsere Woche. Echt. Spontan. Nicht inszeniert. Genau so, wie wir leben.


Wir sind am Ende als Freunde auseinandergegangen. Und das sagt wahrscheinlich alles.


Warum wir es tun


Wir tun das nicht, um gesehen zu werden. Wir tun das nicht, um uns darzustellen - ganz im Gegenteil, ich mag es ganz und gar nicht mich zu sehen, den schwäbischen Akzent den ich einfach nicht verstecken kann, aber wir tun es, weil wir Hoffnung geben wollen. Die Welt ist voll von schlechten Nachrichten. Kriege, Verbrechen, Preissteigerungen, Unsicherheit, Rente, Angst. Wenn dann so eine Geschichte wie die von Oliver Menschen etwas gibt, das ihnen im Alltag fehlt, wenn es ihnen gut tut, wenn es sie berührt, dann möchten wir das zurückgeben. Wir haben so viel Unterstützung erfahren, so viel Empathie, so viel Liebe. Wenn wir ein kleines Stück davon zurückgeben können, dann machen wir das.


Und wir tun es, weil Oliver noch hier ist. Weil er sich verbessert. Weil wir ein Wunder erleben. Wenn es anders wäre, wenn er nicht mehr hier wäre, würden wir unser Leben so nicht teilen. Aber jetzt dürfen wir Hoffnung teilen. Und es fühlt sich richtig an.



Wir können in den Spiegel schauen


Wir wissen nicht, wie die Doku am Ende aussieht. Wir wissen nicht, welche Szenen gewählt werden. Wir wissen nur, was wir gezeigt haben. Und wir wissen, dass wir zu allem stehen können.


Das ist unser Leben. Das ist unser Blog. Das ist unsere Reise mit Oliver, den Zwillingen und uns als Eltern, wir kämpfen jeden Tag und trotzdem sind wir jeden Tag dankbar.


Wir schauen voraus. Wir freuen uns auf die Doku. Und ja, es wird komisch sein, uns selbst im Fernsehen zu sehen. Wir hätten uns unser Leben anders gewünscht. Ruhiger, anonymer, unspektakulär. Für uns war unser früheres Leben nie langweilig. Wir haben erst heute Bilder und Videos von unserem Leben vor dem Unfall angeschaut. Oliver war glücklich sich rennen zu sehen, mit Julian und Basti zu Boxen, einfach Kind sein.  


Wir haben Hoffnung. Und wir glauben an das, was kommt. Und wir wissen, dass Olivers Geschichte nicht endet. Das hier war nur ein Einblick. Da kommt noch mehr.


Ach ja, Dienstag 18.11. 22:30 Uhr RTL Extra. Die erste grosse Dokumentation über Oliver. Zudem war RTL in Chicago bei Dr. Bydon, haben in Mexiko Dr. Alfredo getroffen, waren in Deutschland in unserem verkauften Haus in Königsbronn, meine Eltern und unserer Maklerin und Freundin, Lauras Eltern, Olivers Lebensretter und neue Information und Geschehnisse, die wir noch nie geteilt haben - und von denen wir bis vor kurzem gar nichts wussten.


Das Oliver lebt und ist mit uns - das ist das Wunder!

 
 
 

Kommentare


bottom of page